Sitzung: 13.06.2022 KA/021/2022
Beschluss: Mehrere Beschlüsse
Sachverhalt:
Mit
Schreiben vom 04.11.2021 hat Kreisrat Holger Bär (JL-Kreistagsfraktion) unter
Bezugnahme auf die gültige Abfallwirtschaftssatzung Überlegungen zu Änderungen
des Mindestbehältervolumens bei den Restmüllgefäßen gefordert, welche im Rahmen
der nächsten Gebührenkalkulation berücksichtigt werden sollten.
Haushalte,
die sich umweltfreundlich verhalten und ihren Abfall intensiv trennen, würden
die vorgeschriebene (an einer bestimmten Personenzahl orientierte)
Behältergröße nicht benötigen. Zudem würde das bestehende Gebührensystem die
zwischenzeitliche Einführung der Gelben Tonne und vor allem verpackungsarmes
Einkaufen nicht angemessen berücksichtigen.
Der
Antragsteller fordert mehr Anreize zur Mülltrennung und -vermeidung mit dem
Ziel einer Lenkung hin zu umweltbewussterem Verhalten.
Ergebnisse
der Restmüllanalyse 2022
Wie
die aktuelle Restabfallanalyse zeigt, liegt der Anteil der Haushalte mit freiem
Restmüllvolumen (Füllstand < 80%) bei nur 20 %. Die Mehrzahl der
bereitgestellten Behälter (65 %) ist normal befüllt (Füllstand 80-100 %), 16 %
der Restmüllgefäße sind überfüllt (Füllstand > 100 %). Die ermittelten
Füllstände der untersuchten Restabfallbehälter differenziert nach Behältergröße
lagen im Mittel bei 90 %. Das in der Abfallwirtschaftssatzung verankerte
Mindestbehältervolumen kann somit als bedarfsgerecht bezeichnet werden.
Das
im Restabfall ermittelte Wertstoffpotenzial, d. h. jener Anteile im Abfall, die
mit vorhandenen Systemen prinzipiell erfassbar wären, beläuft sich auf 30,7
Gew.-% des zur Abfuhr bereitgestellten Restabfalls (Organik 21,8 Gew.-%,
trockene Wertstoffe 8,9 Gew.-%).
Zudem
fanden sich noch 7,9 Gew.-% verpackte Lebensmittel, die von ihrer Verpackung
befreit ebenfalls über die Biotonne erfasst werden könnten, und 5,7 Gew.-%
stoffgleiche Nichtverpackungen (Metalle und Kunststoffe), welche derzeit aber
nicht separat gesammelt und somit in den Restabfall gegeben werden dürfen.
Knapp
ein Drittel der über die Restabfallbehälter entsorgten Abfälle könnte
theoretisch bei einer sorgfältigen Trennung in den Haushalten über die Gelben
Tonnen, die separate Papier- und Glaserfassung sowie die Biotonne als schon
vorhandene Entsorgungswege einer Verwertung zugeführt werden.
Der
Anteil der im Restabfall ermittelten schadstoffhaltigen Abfälle, zumeist
Batterien (0,26 Gew.-%) und Elektrokleingeräte (0,51 Gew.-%) war relativ
gering. Auffällig war jedoch, dass in 92 % bzw. 96 % der Stichprobeneinheiten
Batterien und Elektrokleingeräte gefunden wurden.
Gegenüber
der letzten Restabfallanalyse von 2012 sind durch Einführung der Gelben Tonne
insbesondere die trockenen Wertstoffe (Verpackungen) um fast die Hälfte
zurückgegangen.
Insgesamt
attestiert die im Jahr 2022 vom Witzenhausen-Institut durchgeführte
Restabfallanalyse dem Landkreis Bayreuth eine im bundesweiten Vergleich
überdurchschnittlich gute Trennqualität.
Duale
Abfallwirtschaft
Die
Einführung der Gelben Tonne für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus
Kunststoff, Metall und Verbundmaterialien im Landkreis Bayreuth erfolgte zum
01.01.2018. Seit Einführung der Dualen Systeme erfolgt die Erfassung von
Verpackungen und deren Finanzierung in privatwirtschaftlicher Trägerschaft außerhalb
der öffentlichen Abfallentsorgung.
Der
verpackungsarme Einkauf dürfte sich somit vorrangig auf den Füllgrad der Gelben
Tonne und nicht auf die Restmülltonne auswirken. Finanzielle Anreize für den Verzicht
von Verpackungen beim Einkauf über das hoheitliche Gebührensystem sind aufgrund
der dualen Trägerschaft nicht zulässig. Unabhängig vom Sammelsystem für
Verpackungen (Gelbe Tonne, Gelber Sack, Wertstoffhöfe) ist eine Entsorgung von
Verpackungen über den Restmüll grundsätzlich nicht gestattet.
Alternative
Gebührensysteme
Um
der Bürgerschaft Anreize bei der Abfallentsorgung zu bieten und das
Verursacherprinzip zu stärken, haben sich zahlreiche Gebietskörperschaften für
die Einführung eines Gebührensystems mit Grund- und Leistungsgebühr entschieden
(z. B. Landkreise Kitzingen, Neustadt an der Aisch, Ansbach, Hof).
Die
verbrauchsunabhängige Grundgebühr umfasst überwiegend den
Fixkostenanteil der Leistungserstellung, die unabhängig von der jeweiligen tatsächlichen
Abfallmenge entsteht.
Die
verbrauchsabhängige (variable) Leistungsgebühr ist eine Abrechnungsbasis
für die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen und wird gefäßbezogen
ermittelt (z. B. Anzahl der Entleerungen).
Die
beiden Gebührenarten werden zusammengerechnet und bilden die Abfallgebühr.
Als
Vorteile dieser Gebührenbemessung werden
·
Anreize
zur besseren Trennung und Abfallvermeidung,
·
Reduzierung
der Restabfallmenge aufgrund der Umleitung in Richtung Wertstoffsammlung,
·
bessere
Anpassung der Gebühren an den Wirklichkeitsmaßstab und
·
Möglichkeit
der gerechteren Verteilung der Abfallgebühren
genannt.
Als
Nachteile gelten
·
höherer
Verwaltungsaufwand und Mehrkosten durch erforderliche jährliche Erstellung und
Versand von Gebührenbescheiden,
·
vermehrte
Bürgeranfragen und Beschwerden (Zweifel an der ermittelten Anzahl an
Entleerungen, Probleme bei nicht völlig entleerten Müllgefäßen im Winter)
·
ggf.
Zunahme illegaler Ablagerungen (Littering), Verlagerung von Abfallmengen und
höhere Verpressung des Tonneninhalts, um Entsorgungsvolumen zu sparen,
·
evtl.
Notwendigkeit der Einführung abschließbarer Behälter
·
Mögliche
Störanfälligkeiten bei Fahrzeugen und Datenerfassung (Identsystem)
Die
Anzahl der vorgeschriebenen Mindestleerungen variiert zwischen den
verschiedenen Gebietskörperschaften sehr stark.
Behälteridentifikationssystem
Die
zuständigen Kreisgremien des Landkreises Bayreuth haben sich bereits zum
Zeitpunkt einer anstehenden Neuausschreibung von Abfuhrverträgen im Jahr 2010
mit Fragestellungen der Behälteridentifikation beschäftigt. Am 17.05.2010 fand
eine Informationsfahrt des Kreistages in den Landkreis Hof statt, wo das
dortige Behälteridentifikationssystem und die Abfallgebührengestaltung sowie
die Behälter- und Fahrzeugausrüstung mit Identifikationssystem besichtigt
wurden.
Mit
Beschluss des Kreistages vom 28.07.2010 wurde die Einführung eines
Behälteridentifikationssystems als technische Voraussetzung einer zukünftig verursachergerechteren
Abfallgebührengestaltung erwogen. Nach insgesamt kontroverser Diskussion
entschied der Kreistag in seiner Sitzung am 30.05.2011, zunächst nur die
Beschaffung eines Behälteridentifikationssystems zum Zwecke der Optimierung des
Behälter- und Beschwerdemanagements (ohne Gebührenrelevanz) vorzunehmen.
Die
im Landkreisgebiet vorhandenen Rest- und Biomüllbehälter und die zur Entleerung
eingesetzten Abfuhrfahrzeuge sind somit bereits mit entsprechender
Ident-Technik ausgestattet.
Die
Einführung eines geänderten Gebührensystems wäre jedoch nicht von heute auf
morgen realisierbar und erfolgte auch in den betrachteten Gebietskörperschaften
in der Regel stets im Zusammenhang mit einer anstehenden Neuausschreibung der
Entsorgungsdienstleistungen.
Für
die technische und rechtliche Umstellung des Gebührensystems und die
begleitende Öffentlichkeitsarbeit wird gemäß den Erfahrungen der kontaktierten
Landkreise eine längere Vorbereitungszeit benötigt.
Die
durch europaweite Ausschreibungsverfahren ermittelten und seit dem 01.01.2020
geltenden Verträge mit der Firma Veolia Umweltservice Süd GmbH & Co. KG über
die behältergestützte Sammlung von Restabfall sehen ein außerordentliches
Kündigungsrecht bei Änderung wesentlicher Vertragsgrundlagen (z. B. Änderung
der Abfallwirtschaftssatzung) vor. Eine Umstellung des Gebührensystems bei
laufenden Verträgen ist somit nicht zielführend.
Welche
Mehr- oder Minderkosten sich für den Landkreis bei Gewährung finanzieller
Anreize für die Bürgerschaft und ein geändertes Gebührensystem tatsächlich
ergeben würden, bedarf zudem einer vorherigen umfassenden Prüfung.
Beschlussvorschlag
für den Kreisausschuss:
- Der Kreisausschuss nimmt Kenntnis vom
Sachstandsbericht zum Antrag von Kreisrat Holger Bär
(JL-Kreistagsfraktion) bezüglich von Überlegungen zu Änderungen des
Mindestbehältervolumens der Restmüllgefäße im Rahmen der Neukalkulation
der Abfallgebühren und fasst den Empfehlungsbeschluss, bei der anstehenden
Fortschreibung der Abfallgebührensatzung keine Umstellung auf ein
Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr vorzunehmen.
- Eine erneute Befassung durch den Kreisausschuss
soll vor der nächsten Ausschreibung erfolgen.
Beschlussvorschlag
für den Kreistag:
- Der Kreistag nimmt Kenntnis vom Sachstandsbericht
zum Antrag von Kreisrat Holger Bär (JL-Kreistagsfraktion) bezüglich von
Überlegungen zu Änderungen des Mindestbehältervolumens der Restmüllgefäße
im Rahmen der Neukalkulation der Abfallgebühren und beschließt, bei der
anstehenden Fortschreibung der Abfallgebührensatzung keine Umstellung auf
ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr vorzunehmen.
- Eine erneute Befassung durch den Kreistag soll
vor der nächsten Ausschreibung erfolgen.