Beschluss: Mehrere Beschlüsse

Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 04.11.2021 hat Kreisrat Holger Bär (JL-Kreistagsfraktion) unter Bezugnahme auf die gültige Abfallwirtschaftssatzung Überlegungen zu Änderungen des Mindestbehältervolumens bei den Restmüllgefäßen gefordert, welche im Rahmen der nächsten Gebührenkalkulation berücksichtigt werden sollten.

 

Haushalte, die sich umweltfreundlich verhalten und ihren Abfall intensiv trennen, würden die vorgeschriebene (an einer bestimmten Personenzahl orientierte) Behältergröße nicht benötigen. Zudem würde das bestehende Gebührensystem die zwischenzeitliche Einführung der Gelben Tonne und vor allem verpackungsarmes Einkaufen nicht angemessen berücksichtigen.

 

Der Antragsteller fordert mehr Anreize zur Mülltrennung und -vermeidung mit dem Ziel einer Lenkung hin zu umweltbewussterem Verhalten.

 

 

Ergebnisse der Restmüllanalyse 2022

 

Wie die aktuelle Restabfallanalyse zeigt, liegt der Anteil der Haushalte mit freiem Restmüllvolumen (Füllstand < 80%) bei nur 20 %. Die Mehrzahl der bereitgestellten Behälter (65 %) ist normal befüllt (Füllstand 80-100 %), 16 % der Restmüllgefäße sind überfüllt (Füllstand > 100 %). Die ermittelten Füllstände der untersuchten Restabfallbehälter differenziert nach Behältergröße lagen im Mittel bei 90 %. Das in der Abfallwirtschaftssatzung verankerte Mindestbehältervolumen kann somit als bedarfsgerecht bezeichnet werden.

 

Das im Restabfall ermittelte Wertstoffpotenzial, d. h. jener Anteile im Abfall, die mit vorhandenen Systemen prinzipiell erfassbar wären, beläuft sich auf 30,7 Gew.-% des zur Abfuhr bereitgestellten Restabfalls (Organik 21,8 Gew.-%, trockene Wertstoffe 8,9 Gew.-%).

 

Zudem fanden sich noch 7,9 Gew.-% verpackte Lebensmittel, die von ihrer Verpackung befreit ebenfalls über die Biotonne erfasst werden könnten, und 5,7 Gew.-% stoffgleiche Nichtverpackungen (Metalle und Kunststoffe), welche derzeit aber nicht separat gesammelt und somit in den Restabfall gegeben werden dürfen.

 

Knapp ein Drittel der über die Restabfallbehälter entsorgten Abfälle könnte theoretisch bei einer sorgfältigen Trennung in den Haushalten über die Gelben Tonnen, die separate Papier- und Glaserfassung sowie die Biotonne als schon vorhandene Entsorgungswege einer Verwertung zugeführt werden. 

 

Der Anteil der im Restabfall ermittelten schadstoffhaltigen Abfälle, zumeist Batterien (0,26 Gew.-%) und Elektrokleingeräte (0,51 Gew.-%) war relativ gering. Auffällig war jedoch, dass in 92 % bzw. 96 % der Stichprobeneinheiten Batterien und Elektrokleingeräte gefunden wurden.

 

Gegenüber der letzten Restabfallanalyse von 2012 sind durch Einführung der Gelben Tonne insbesondere die trockenen Wertstoffe (Verpackungen) um fast die Hälfte zurückgegangen.

 

Insgesamt attestiert die im Jahr 2022 vom Witzenhausen-Institut durchgeführte Restabfallanalyse dem Landkreis Bayreuth eine im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich gute Trennqualität.

 

 

Duale Abfallwirtschaft

 

Die Einführung der Gelben Tonne für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundmaterialien im Landkreis Bayreuth erfolgte zum 01.01.2018. Seit Einführung der Dualen Systeme erfolgt die Erfassung von Verpackungen und deren Finanzierung in privatwirtschaftlicher Trägerschaft außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung.

 

Der verpackungsarme Einkauf dürfte sich somit vorrangig auf den Füllgrad der Gelben Tonne und nicht auf die Restmülltonne auswirken. Finanzielle Anreize für den Verzicht von Verpackungen beim Einkauf über das hoheitliche Gebührensystem sind aufgrund der dualen Trägerschaft nicht zulässig. Unabhängig vom Sammelsystem für Verpackungen (Gelbe Tonne, Gelber Sack, Wertstoffhöfe) ist eine Entsorgung von Verpackungen über den Restmüll grundsätzlich nicht gestattet.

 

 

Alternative Gebührensysteme

 

Um der Bürgerschaft Anreize bei der Abfallentsorgung zu bieten und das Verursacherprinzip zu stärken, haben sich zahlreiche Gebietskörperschaften für die Einführung eines Gebührensystems mit Grund- und Leistungsgebühr entschieden (z. B. Landkreise Kitzingen, Neustadt an der Aisch, Ansbach, Hof).

 

Die verbrauchsunabhängige Grundgebühr umfasst überwiegend den Fixkostenanteil der Leistungserstellung, die unabhängig von der jeweiligen tatsächlichen Abfallmenge entsteht.

 

Die verbrauchsabhängige (variable) Leistungsgebühr ist eine Abrechnungsbasis für die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen und wird gefäßbezogen ermittelt (z. B. Anzahl der Entleerungen).

 

Die beiden Gebührenarten werden zusammengerechnet und bilden die Abfallgebühr.

 

 

Als Vorteile dieser Gebührenbemessung werden

·         Anreize zur besseren Trennung und Abfallvermeidung,

·         Reduzierung der Restabfallmenge aufgrund der Umleitung in Richtung Wertstoffsammlung,

·         bessere Anpassung der Gebühren an den Wirklichkeitsmaßstab und

·         Möglichkeit der gerechteren Verteilung der Abfallgebühren

genannt.

 

Als Nachteile gelten

·         höherer Verwaltungsaufwand und Mehrkosten durch erforderliche jährliche Erstellung und Versand von Gebührenbescheiden,

·         vermehrte Bürgeranfragen und Beschwerden (Zweifel an der ermittelten Anzahl an Entleerungen, Probleme bei nicht völlig entleerten Müllgefäßen im Winter)

·         ggf. Zunahme illegaler Ablagerungen (Littering), Verlagerung von Abfallmengen und höhere Verpressung des Tonneninhalts, um Entsorgungsvolumen zu sparen,

·         evtl. Notwendigkeit der Einführung abschließbarer Behälter

·         Mögliche Störanfälligkeiten bei Fahrzeugen und Datenerfassung (Identsystem)

 

 

Die Anzahl der vorgeschriebenen Mindestleerungen variiert zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaften sehr stark.

 

 

Behälteridentifikationssystem

 

Die zuständigen Kreisgremien des Landkreises Bayreuth haben sich bereits zum Zeitpunkt einer anstehenden Neuausschreibung von Abfuhrverträgen im Jahr 2010 mit Fragestellungen der Behälteridentifikation beschäftigt. Am 17.05.2010 fand eine Informationsfahrt des Kreistages in den Landkreis Hof statt, wo das dortige Behälteridentifikationssystem und die Abfallgebührengestaltung sowie die Behälter- und Fahrzeugausrüstung mit Identifikationssystem besichtigt wurden.

 

Mit Beschluss des Kreistages vom 28.07.2010 wurde die Einführung eines Behälteridentifikationssystems als technische Voraussetzung einer zukünftig verursachergerechteren Abfallgebührengestaltung erwogen. Nach insgesamt kontroverser Diskussion entschied der Kreistag in seiner Sitzung am 30.05.2011, zunächst nur die Beschaffung eines Behälteridentifikationssystems zum Zwecke der Optimierung des Behälter- und Beschwerdemanagements (ohne Gebührenrelevanz) vorzunehmen.

 

Die im Landkreisgebiet vorhandenen Rest- und Biomüllbehälter und die zur Entleerung eingesetzten Abfuhrfahrzeuge sind somit bereits mit entsprechender Ident-Technik ausgestattet.

 

Die Einführung eines geänderten Gebührensystems wäre jedoch nicht von heute auf morgen realisierbar und erfolgte auch in den betrachteten Gebietskörperschaften in der Regel stets im Zusammenhang mit einer anstehenden Neuausschreibung der Entsorgungsdienstleistungen.

 

Für die technische und rechtliche Umstellung des Gebührensystems und die begleitende Öffentlichkeitsarbeit wird gemäß den Erfahrungen der kontaktierten Landkreise eine längere Vorbereitungszeit benötigt.

 

Die durch europaweite Ausschreibungsverfahren ermittelten und seit dem 01.01.2020 geltenden Verträge mit der Firma Veolia Umweltservice Süd GmbH & Co. KG über die behältergestützte Sammlung von Restabfall sehen ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Änderung wesentlicher Vertragsgrundlagen (z. B. Änderung der Abfallwirtschaftssatzung) vor. Eine Umstellung des Gebührensystems bei laufenden Verträgen ist somit nicht zielführend.

 

Welche Mehr- oder Minderkosten sich für den Landkreis bei Gewährung finanzieller Anreize für die Bürgerschaft und ein geändertes Gebührensystem tatsächlich ergeben würden, bedarf zudem einer vorherigen umfassenden Prüfung.

 


Beschlussvorschlag für den Kreisausschuss:

 

  1. Der Kreisausschuss nimmt Kenntnis vom Sachstandsbericht zum Antrag von Kreisrat Holger Bär (JL-Kreistagsfraktion) bezüglich von Überlegungen zu Änderungen des Mindestbehältervolumens der Restmüllgefäße im Rahmen der Neukalkulation der Abfallgebühren und fasst den Empfehlungsbeschluss, bei der anstehenden Fortschreibung der Abfallgebührensatzung keine Umstellung auf ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr vorzunehmen.
  2. Eine erneute Befassung durch den Kreisausschuss soll vor der nächsten Ausschreibung erfolgen.

 

 

 

Beschlussvorschlag für den Kreistag:

 

  1. Der Kreistag nimmt Kenntnis vom Sachstandsbericht zum Antrag von Kreisrat Holger Bär (JL-Kreistagsfraktion) bezüglich von Überlegungen zu Änderungen des Mindestbehältervolumens der Restmüllgefäße im Rahmen der Neukalkulation der Abfallgebühren und beschließt, bei der anstehenden Fortschreibung der Abfallgebührensatzung keine Umstellung auf ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr vorzunehmen.

 

  1. Eine erneute Befassung durch den Kreistag soll vor der nächsten Ausschreibung erfolgen.