07.02.2023

Vorübergehende Heimat Pegnitz

Ausstellung im Foyer des Landratsamts

Im Foyer des Landratsamts ist bis zum 31. März die Ausstellung Vorübergehende Heimat Pegnitz – die jüdische DP-Gemeinde in der Stadt 1945-50 des Stadtarchivs Pegnitz zu sehen, die von Andreas Bayerlein erarbeitet wurde.

Die Ausstellung richtet den Fokus auf ein Thema, das in der Geschichte bisher kaum Beachtung fand, auf ein kleines Zeitfenster nach Ende des Zweiten Weltkrieg. Diese Zeit war geprägt von den Folgen des Krieges, von Flucht und Vertreibung, von Not. Auch Menschen jüdischen Glaubens, die den Holocaust in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern überlebt hatten bzw. denen die Flucht gelungen war, suchten für sich neue Perspektiven.

So existierte für eine kurze Dauer von nur fünf Jahren eine jüdische Gemeinde in Pegnitz. Mehr als 80 jüdische Personen fanden in diesem Zeitraum für jeweils unterschiedliche Dauer hier eine vorübergehende Heimat. Sie bildeten die 'Jüdische DP-Gemeinde Pegnitz' (DP=Displaced Persons). Vorstand der jüdischen Gemeinde in Pegnitz war das 'Jewish Committee Pegnitz' mit ihrem Vorsitzenden Viktor Klein, der in Pegnitz eine Ledergroßhandlung besaß.

Die Ausstellung beschäftigt sich im Kern mit den Fragen:

  • Wer waren die Mitglieder der jüdischen DP-Gemeinde Pegnitz?
  • Wo kamen sie her, wo wurden sie geboren?
  • Welche Ghettos und/oder Konzentrationslager mussten sie "durchleiden"?
  • Wo in Pegnitz fanden sie ein kurzzeitiges Zuhause?
  • Wohin wanderten sie aus?

Fast alle Juden, die in Pegnitz nach dem Krieg ein kurzzeitiges Zuhause fanden, stammten aus Polen.

Keine dieser Familien aber ist in Pegnitz ansässig geblieben. Alle haben die Stadt wieder verlassen. Sehr viele von ihnen sind nicht in Deutschland geblieben, sondern ausgewandert. Auswanderungsziele waren die USA, Kanada, Israel, Australien, Frankreich oder auch Schweden und Österreich.

Nach der Entnazifizierung übernahmen manche Juden der DP-Gemeinde Pegnitz vorübergehend als sogenannte Treuhänder Pegnitzer Betriebe.

Moritz Werdigier, der 1948/49 nach Wien, der Geburtsstadt seiner Ehefrau, zog, war beispielsweise Treuhänder der Dachziegel- und Zementwarenfabrik in der Buchauer Straße.
Felix Plawner, der mit seiner Familie von 1946 bis 1948 in Pegnitz lebte, ließ sich später in der Nürnberger Region nieder und baute dort die Spielzeugfirma "Plasticum" auf.

Der bekannteste jüdische Bürger von Pegnitz allerdings war der in Polen geborene David Minkowski, der zusammen mit seiner Frau Herta das legendäre 'Kaufhaus Minkowski' in der Rosengasse führte. Als ehemaliger Häftling der Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg in Pottenstein hatte er aber zunächst der jüdischen DP-Gemeinde Pottenstein angehört und war erst nach dem Jahr 1950 in Pegnitz ansässig geworden, als alle anderen Mitglieder der jüdischen Gemeinde Pegnitz die Stadt bereits wieder verlassen hatten.

Aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ist nichts über jüdische Familien in Pegnitz bekannt. Man muss schon ins späte Mittelalter zurückgehen, um in historischen Quellen auf jüdisches Leben im Raum Pegnitz zu stoßen. Bekannt ist allerdings, dass es bei Rosenhof einen jüdischen Friedhof gegeben hat.

"Betrachtet man das Weltgeschehen, so bleibt leider festzustellen, dass die Themen Krieg, Völkermord und Rassismus auch heute nach wie vor präsent sind – und zwar nicht nur in Regionen weit entfernt von uns, sondern mit dem Krieg in der Ukraine fast vor unserer Haustüre. Es bleibt zu hoffen, dass das Erinnern an die Geschichte – an das, was war, hilft, die richtigen Schlüsse für die Gegenwart und die Zukunft zu ziehen", sagte Landrat Florian Wiedemann anlässlich der Ausstellungseröffnung am 6. Februar. "Die Botschaft von Leid, Verlust, Entwurzelung und Neuanfang ist es wert – immer und insbesondere auch wieder aktuell, gehört zu werden."

Die Ausstellung kann während der Öffnungszeiten des Landratsamts besucht werden – montags und dienstags von 07:30 bis 14:00 Uhr, mittwochs von 07:30 bis 12:00 Uhr, donnerstags von 07:30 bis 17:00 Uhr und freitags von 07:30 bis 13:00 Uhr.

Foto: Andreas Bayerlein (rechts) erklärt Landrat Florian Wiedemann die Exponate in einer Vitrine. 

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